Segeln mit Sicht

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Jedes Tourensegelboot ist heute mit einem Sprayhood Klappverdeck unterwegs. Viele Yachten haben sogar eine Windschutzscheibe oder ein permanentes Deckshaus. So sitzt man windgeschützt und trocken in der Plicht. Das ist bei kühlen Nachtfahrten, beim Segeln im Frühjahr und Herbst und in kalten nördlichen Revieren prima.

Leider behindert der praktische Wind- und Spritzwasserschutz die Sicht nach vorn. Und das Segelsetzen mit den beidseitig neben dem Niedergang montierten Winschen ist bei Swede 55 unter dem aufgeklappten Sprayhood derart umständlich, dass es endlos dauert. Deshalb habe ich das Sprayhood vor Jahrzehnten bereits von Gamle Swede genommen. Seitdem bediene ich die Winschen sicher und bequem am Niedergang stehend. Und sehe, ob die Tücher beim Setzen ungehindert am Mast hinaufgleiten.

Schnelles Reffen ohne Sprayhood

Interessanter noch ist es beim Reffen des Großsegels, wo das Fall so weit gefiert wird, bis das vordere Reffauge am Mast einzuhängen ist, das Fall durchgesetzt und die Reffleine dicht geholt wird. Dieses seit den Siebzigerjahren perfektionierte Bindereff ist eine feine Sache und mit wenigen Handgriffen in wenigen Minuten gemacht. Deshalb heißt es zu Recht Schnellreff. Je zügiger es klappt, desto weniger flattert und schlägt das Segel. Desto weniger Fahrt verliert das Schiff. Das ist bei Regatten so praktisch wie bei privaten Segelscharmützeln. Die Winschkurbel dreht frei und ungehindert vom Bügel oder Stoff der Sprayhood.

Der unterschätzte Blick nach vorn

Die ungehinderte Sicht nach vorn ist wunderbar. Mit dem Blick vorwärts werden empfindliche Naturen überhaupt nicht oder später seekrank. Bei Gegenverkehr, bei der Passage enger Fahrwasser und Hafenansteuerungen sehe ich am Steuer, wo die Reise hingeht. Bei Regatten ist ungehinderte Sicht unverzichtbar.

Barrierefreies Segeln

Bei Regatten sind flotte Manöver erst ohne Sprayhood möglich. Der Weg aus der Plicht und vom Niedergang zum Deck bleibt kurz. Spinnakerbergen geht nur mit Blickkontakt. Die Frau oder der Mann am Spinnakerfall gibt nur so viel und schnell lose, wie viel Tuch die eifrigen Hände vorn einpacken können. Das klappt, wenn man hinten sieht, was an Deck passiert. Sonst landet das Tuch im Wasser.

Nicht zuletzt macht Segeln mit Blick aufs Wasser und in die Tücher mehr Spaß. Der Nachteil des fehlenden Wind- und Spritzwasserschutzes lässt sich mit Mütze und Schal ausgleichen. Eine gescheite Segeljacke und -hose schützt vor Spritzwasser. Das Schiebeluk bleibt bei feuchten Am-Wind-Kursen geschlossen.

Bei viel Wind und Kreuzen in engen Fahrwassern mit Gegenverkehr wie beispielsweise dem Fehmarnsund oder der Trave trägt der 20 m2 Yankee, die neue Starkwind- und Universalfock mit hochgeschnittenem Schothorn von Gamle Swede zum ungehinderten Blick bei.

Die Momente, in denen alles passt und Gamle Swede wunderbar leicht durchs Wasser geht sind so kostbar, dass ich sie am liebsten uneingeschränkt genieße.

Wenn Sie nun ein neues Boot aussuchen oder ein gebrauchtes übernehmen, sehen Sie sich genau an, ob und wie sich die Winschen am Niedergang bedienen lassen. Es gibt Serienboote, wo das besser als bei Swede 55 gelöst ist, wo sich die Segel mit weg geklapptem Sprayhood setzen, reffen und trimmen lassen. Sollten Sie ein Sprayhood bauen lassen, empfehle ich, dass Sie sich in Ruhe mit dieser seglerisch zentralen Frage beschäftigen. Am besten, bevor der Bootssattler zum Maß nehmen kommt.

Foto oben von Miguel Razuk-Neumann/Swedesail: Gamle Swede bei der Ansteuerung der Fehmarnsundbrücke. 30. April 25 aktualisiert. Abonnieren Sie den → Newsletter und Sie verpassen keine neuen Artikel.

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