
Starkwindsegeln
Klassische Schärenkreuzer und ihre moderne Tourenversionen wie beispielsweise der S30 oder Swede 55 sind sensible Boote. Dennoch vertragen sie trotz ihrer flachbordig eleganten Linie viel Wind. Sie werden nur ein wenig anders als üblich breite und deutlich schwerere Boote gesegelt.
Bei zunehmendem Wind wird früher als woanders gerefft. Man braucht etwas Gefühl für das Boot, lernt im Lauf der Jahre, was es mag und kann. Als schlankes Boot mit wenig Anfangs- und großer Endstabilität krängt Gamle Swede früher. Da setzt das Boot bei Seegang mit der Flanke schon mal hart ein. Bei absehbar viel Wind ging Gamle Swede früher grundsätzlich mit der 16 m2 Sturmfock, neuerdings dem 20 m2 Yankee und ein- oder zweimal gerefften Groß raus. Mit zweimal gerefftem Groß und Sturmfock waren wir zur ersten Schlank & Rank Regatta 2009 mit 41 1⁄2 m2 unterwegs.

Entscheidend ist ein passendes, anstelle eines teilweise eingerollten und schlecht stehenden Vorsegels. Damit segelt Swede 55 auch bei stürmischen Bedingungen von sieben und mehr Windstärken noch gegenan. Auch ist es sicher, sofern nichts kaputtgeht. Ich habe es im Laufe der Jahre immer wieder mal ausprobiert. Nennenswerte Schäden gab es nicht. Im Seegang gegenan Dieseln, wie es heute üblich ist, macht keinen Spaß und klappt nicht, weil das lange Schiff vorn tief einsetzt. Da schwappt das Wasser schon mal bis zum Mast.
Segeln mit Profilstag und geeignetem Vorsegel
Gamle Swede ist seit 1980 mit einem Reckmann Profilstag Typ Zwilling unterwegs. Obwohl das Segel von einem recht dünnen Keder im Profil gehalten wird, blieb es immer drin. Das damals beim Regattasegeln übliche und entsprechend teure Profilstag hat sich bis heute wahrlich gelohnt.
Auch die übrigen Beschläge sollten richtig bemessen sein und auf Dauer mit der Beanspruchung zurechtkommen. Das ist bei den original Holepunkt-Schienen und Schotwagen der französischen Marke Goiot der Fall. Fallenkästen und Fallscheiben des Seldén Mastes habe ich als Verschleißteile gelegentlich erneuert, die Beschläge zur Aufnahme der Terminals im Mast, die Wanten, die Wantenspanner und das Vorstag. Ein Markenrigg lohnt sich auch deshalb, weil es wie beim Göteborger Mastenbauer Seldén ausgezeichnet dokumentiert ist und es nach Jahrzehnten noch Ersatzteile gibt. Die Hamburger Vertretung Herman Gotthard ist kompetent und liefert schnell.

Beim stehenden Gut nennen Gutachter und Takler eine Lebensdauer von 15.000 Seemeilen oder 15 Jahren. Dann ist der Draht ausgeleiert und zu wechseln. Daran habe ich mich in etwa gehalten.
Passende Beschläge und immer funktionierendes Bindereff
Wie bei Serienbooten leider üblich waren die 1980 von der Fisksätra Werft gelieferten Winschen zu klein und damals nur bei den Vorschot Winschen in selbstholender Ausführung. Es waren Bronzewinschen von Lewmar. Das Nachverchromen wurde auf Dauer lästig und teuer. Zum Öffnen brauchte es einen zölligen Inbusschlüssel.
Mittlerweile ist die dritte Winschgeneration montiert, und zwar von Andersen in der selbstholenden, pflegeleichten und schicken Ausführung komplett aus Edelstahl: Vorschot Zweigang 52er, Fall- und Reffwinschen Zweigang 28er, Spinnakerfall 12 mit einem Gang, Backstag Zweigang 40er. Die Unterschiede in Höhe und Trommeldurchmesser wurden teils mit eigens von Segelfreund Uli gedrehten Konsolen ausgeglichen.
Auch an der Großschotführung hatte die Werft gespart. Ich habe sie mit einem großen Lewmar Traveller verbessert und den Unterbau am Reitbalken/Steuerstand über die Jahre mit verschiedenen Bootsbauern wiederholt verstärkt.
Die Großschot wird mit einer 8:1 Talje Modell Easymatic 2 eines dänischen Herstellers bedient. Auch das Bindereff hat sich bewährt. Der Verschleiß an den Reffleinen, die ich durch dehnungsarmes Dyneema ersetzt habe, ist am Mantel sichtbar und hält sich in Grenzen.
Schlank & Rank Regatta 2009
Nach einem langem Am Wind Kurs bei strammem Nordostwind erschienen wir soeben rechtzeitig zur ersten Schlank und Rank Regatta. Axel, Bruno, Dörthe und ich waren von Grömitz gekommen. Es war viel, nach meiner Erinnerung um die sechs Windstärken, in Böen wohl mehr. Der tagelang wehende Nordostwind bescherte uns bei der Kreuz nach Fehmarn ordentlich Seegang.

Wir hatten morgens in Grömitz die alte 16 m2 Sturmfock, an Bord liebevoll Angstlappen genannt, gesetzt. Dazu das zweifach gereffte Großsegel. Das überschüssige Tuch wurde am Baum wie bei der Segelschule Blauer Peter ordentlich beigebunden.

Die zweite Reff ist so angeordnet, dass das Kopfbrett des Großsegels unter dem Backstag bleibt. So lassen sich beide Backstagen durchsetzen. Damit ist Gamle Swede so einfach zu handhaben wie ein übliches Großserienboot, wo der Mast im Frühjahr einmal getrimmt und für den Rest der Saison vergessen wird.
Wie auf den Fotos zu sehen, war der Angstlappen ebenso beansprucht wie das damals ebenfalls in die Jahre gekommene Großsegel des Schweizer Segelmachers Vogel & Meier. Beides waren gut verarbeitete Segel, die lange gehalten haben. Es war die richtige Besegelung und wir konnten die Regatta im Schutz der Insel Fehmarn in überwiegend glattem Wasser segeln. Nach einer Weile riss das Kopfbrett des Großsegels den obersten Rutscher vom Mast, ein Ergebnis der Mastkrümmung. Diese Kleinigkeit war abends im Hafen rasch behoben.

Nach meiner Beobachtung sind die heute zu jedem modernem Tourenboot angebotenen Rollreffanlagen zum Starkwindsegeln vollkommen ungeeignet. Die teils eingewickelten Segel stehen katastrophal. Die Sicherheit von Boot und Besatzung hängt an einer dünnen Holeleine, die dem Zug aus der Vorschot standhalten muss. Beim Touren Schärenkreuzer wie Swede 55, der überwiegend zum Segelgenuss gedacht ist, wäre es schade, die Segeleigenschaften dem Komfort einer Segelrollanlage zu opfern. Gamle Swede segelte mit der reichlich gebrauchten Sturmfock aus 340 Gramm Dacron/Polyestertuch Jahrzehnte durch dick und dünn. Nach meiner Erinnerung wurde der Vorliekstreifen mit dem Keder einmal erneuert.
→ Segeln ohne Rollanlage, → neues Großsegel, → neue Fock
Natürlich wird bei solchem Wind allenfalls gesegelt, wenn ein Ziel zu erreichen ist oder es bei einer Regatta einen gewissen Gruppendruck gibt. Es war ein toller Segeltag und wie die schönen Fotos von Michael Amme zeigen, gab es zwischendurch sogar mal Sonne. Dank reduzierter Besegelung, andere Teilnehmer waren mit normaler Fock und 1 x gerefftem Groß deutlich übertakelt unterwegs, ging die Regatta für Gamle Swede gut aus. Mit 30 Jahre alter Sturmfock und 15 Jahre altem Groß.
Einzelheiten zu den Reffgrößen: Erstes Reff ≈ 35 m2 (80 %), zweites Reff ≈ 28 m2 (63 %), drittes Reff ≈ 19 m2 (43 %). Das dritte Reff habe ich selten, bei acht Windstärken etwa, eingebunden. Damit ist Gamle Swede mit insgesamt 34 m2 unterwegs. Mit dieser Besegelung lässt sich im Schutz eines Leeufers in halbwegs glattem Wasser noch aufkreuzen. Das Boot ist damit schneller und sicherer als mit Motor unterwegs. Das dritte Großsegel erhielt ein etwa 10 Zentimeter kürzeres Achterliek. Damit bleibt der Baum in dicht geholtem Zustand leicht angehoben, was der Übersicht und Sicherheit (Kopffreiheit) zugutekommt.

Foto oben von Michael Amme: Gamle Swede bei Schlank Rank 2009. 28. April 25 aktualisiert. Abonnieren Sie den → kostenlosen Newsletter und Sie verpassen keine neuen Artikel.