Reparatur eines Yachtruderblatts

Alles, was sich an einem Boot bewegt, leiert aus und muss eines Tages repariert werden. Auch das Ruderblatt. Nachdem das Klappern des Ruders mit passenden Buchsen bei meiner Swede 55 wie hier beschrieben abgestellt wurde, bemerkte ich, dass es immer noch klappert. Die Frage war, wo und warum.

Also baute es im Herbst aus, packte es auf den Gepäckträger meines Autos, um dem Thema zu Hause in Ruhe nachzugehen. Bereits beim Queren des ersten Bahnübergangs hörte ich wieder das vertraute Geräusch. Das Ruderblatt klapperte also irgendwo in sich. Ein Blick auf die Zeichnung des Ruders zeigte, dass es wie damals üblich gebaut ist. Drei auf die Ruderwelle geschweißte Arme übertragen die Drehbewegung ins Blatt. Der Hohlraum zwischen den beiden Gfk-Hälften des Ruderblatts, der Ruderwelle und den Armen wurde vermutlich mit Schaum gefüllt.

Zeichnung des Swede 55 Ruderblatts © Swedesail

„Da ist vermutlich irgendwann Wasser in das Ruderblatt gelangt und das ganze Innenleben vergammelt“ erklärte mir Jan Hendrik Böhm, als er damals noch die Hamburger Lütje Werft leitete. „Wenn man durch ein Winterlager geht und würde die Ruderblätter üblicher Serienboote unten anbohren würde, fließt aus praktisch jedem Wasser raus. Das ist der übliche Befund“ erläuterte der erfahrene Bootsbauer und heutige Yachtsachverständige.

Das anfänglich angebohrte Ruderblatt @ Peter Andrin Steiner/Swedesail

Also gleich ein neues Ruder bauen? „Nein, erst mal mit einem Topfbohrer das Ruderblatt öffnen, gucken, wie der Schaum aussieht und über die nächsten Schritte nachdenken“ riet Böhm. Obwohl ich keine zwei linken Hände habe und gemeinsam mit Segelfreunden viel am Boot selbst gemacht habe, ahne ich: für diese Sache fehlen mir Erfahrung, Zeit und auch das nötige Werkzeug.

Das geöffnete Ruder mit der Aussparung für die neue Lasche – Foto Peter Andrin Steiner/Swedesail

Ich hörte mich weiter um und landete schließlich in Kressbronn am Bodensee. Zwar kannte ich Peter Andrin Steiner bisher nicht persönlich, schätzte ihn aber seit der Recherche mehrerer Artikel zum Mast- und Kompositbootsbau als sachlichen, gut erklärenden und angenehm bescheidenen Mann. Er bot mir an, sich das Ruder anzuschauen und eine bezahlbare Lösung zu finden.

Blick auf das ganze Swede 55-Ruder mit weiteren Bohrungen – Foto Peter Adrin Steiner/Swedesaikl

Zur großen Erleichterung meiner Frau kam das Ruder wieder aus der Wohnung. Ich brachte es bei einer anstehenden Reise nach Süddeutschland zu Steiners Werkstatt zum Bodensee. Als Steiner und ich es dort gemeinsam vom Auto hoben, meinte er: „Die Ruder der Maxis für Pierre Fehlmanns Grand Mistral Klasse waren leichter“.

Das Ruderblatt war innen trocken

Bald hatte er es anhand der Zeichnung angebohrt, um die Position der Arme im Ruderblatt zu ermitteln. Er schickte die ersten Fotos und Hinweise. Die Wandungen des Ruders aus glasfaserverstärktem Kunststoff sind mit etwa 12 Millimetern recht dick, was neben der dicken Niro-Ruderwelle das Gewicht erklärt.

Vorbereitung der neuen Laschen – Foto Peter Andrin Steiner/Swedesail

Weitere Löcher mit dem Topfbohrer an den Stellen, wo gemäß der Zeichnung die Übergänge von der Ruderwelle zu den Armen vermutet werden, zeigten: Der Schaum war trocken. Das Blatt hatte also kein Wasser gezogen. Die große Sanierung oder ein Neubau des Blatts erübrigte sich. Es konnte mit vertretbarem Aufwand repariert werden.

Wie vermutet handelt es sich beim Ende der Siebzigerjahre genommenen Schaum um eine aus heutiger Sicht minderwertige Ware. „Es darf kein Schaum zwischen den Stahlträgern und der Außenhaut sein, damit die Kraftübertragung direkt funktioniert. Das musste klappern“ meinte Steiner. „Der weiche Schaum ist nicht zur Aufnahme der punktuellen Belastung durch die Arme gedacht. Die Arme müssen direkt mit dem Blatt verbunden, also vergossen oder an laminiert sein.“

Bemerkenswert war, dass das Ruder überhaupt so lange gehalten hatte. Denn es existierten nicht alle Arme zur Übertragung der Drehbewegung von der Ruderwelle ins Blatt gemäß Zeichnung. Ich erinnerte mich an deftige Segeltage und manchen spitzen Spinnaker-Kurs, wo das Boot auf das Ruder angewiesen war. Höchste Zeit also für die sachkundige Reparatur.

Das obere Laschenpaar liegt fertig zum Anschweißen im Blatt – Foto Peter Andrin Steiner/Swedesail

Es darf nichts anbrennen

Steiner schnitt oben ein 350 × 65 mm Langloch in das Ruderblatt. Es wurden zwei 50 × 6 mm starke, am hinteren Ende zusammengeschweißte Edelstahlstreifen auf der Ruderwelle angebracht. Das Material und die Schweißnähte wurde so ausgelegt, dass sie ein Vielfaches des Drehmoments halten, dem die Ruderwelle schadlos ausgesetzt werden kann. Auch der Arm auf halber Höhe des Ruderblatts wurde freigelegt, die Schweißung überprüft, im Blatt vergossen und alles geschlossen.

Als gelernter Metall-, versierter Masten- und Hightech-Bootsbauer konnte Steiner das berechnen. Er hatte 1986/7 den Bau von Dennis Conners erfolgreichem America’s Cupper „Stars & Stripes“ für Fremantle beaufsichtigt und ab Mitte der neunziger Jahre in Südfrankreich Kohlefasermasten und Komponenten für High Tech Boote gebaut.

Das Anschweißen der Laschen in beengten Verhältnissen zwischen dem Glasfaser-verstärkten-Kunststoff wurde so gemacht, dass nichts anbrennt oder der Kunststoff weg schmort. Dann wurde das Blatt zunächst auf einer Seite geschlossen. Der neu angeschweißte Arm wurde mit einem speziellen Harz, das große Druckbelastungen von etwa 2 kN pro Quadrat-Millimeter aufnimmt, im Blatt fixiert und dann die andere Seite geschlossen.

Abschließend wurde das Laminat großflächig rings um das Langloch abgetragen. Es wurden jeweils fünf 500 gr/qm Gewebe in 0 und 90 Grad und ebenso viele 600 gr/qm Gewebe in +/- 45 Grad Orientierung mit Epoxidharz laminiert. Das Harz härtete bei Vakuumdruck unter einer Vacuopeel-Folie aus.

Das geschlossene Swede 55-Ruderblatt – Foto Peter Andrin Steiner/Swedesail

Das Mehrgewicht für die Reparatur wurde in Kauf genommen. Steiner schätzt, dass sich dieses Ruder mit heutigem Know-how bei gleicher Festigkeit für 25 Kilogramm statt 80 bauen ließe. Hier ging es um eine haltbare wie bezahlbare Instandsetzung.

Dank an: Peter Andrin Steiner, Albane Leclerc und Kevin Bulpitt. Bestellen Sie hier den Newsletter und Sie verpassen keine neuen Artikel.

Ruderlager Buchsen erneuern, Ruderblatt profilieren, Yachtberatung