Jubilee S40 Touren Schärenkreuzer
Schärenkreuzer sind diese flachbordig schlanken und langen Boote für phantastischen Segelgenuss. Leider sind sie so eng, dass die schönen Stunden abends mit dem Weg zur Unterkunft am Land enden. Deshalb gibt es einen Kompromiss, den sogenannten Touren-Schärenkreuzer. Eine weitgehend unbekannte Variante ist der sehenswerte Jubilee S40.
Wie es zum Touren Schärenkreuzer Jubilee S40 kam
Ende 1980 begann Konstrukteur Knud Reimers mit dem Entwurf eines 40er Skärgårdskryssare für die Stockholmer Segler Christoffer Hillbom und S. Irving. Wie ein Blick auf die Zeichnung verrät, plante Reimers gerade mal 4,25 t Verdrängung bei ganzen 10,45 m Konstruktionswasserlinie. Das beim 40er gemäß Schärenkreuzer-Vermessung 21 cm darüber abgenommene Längenmaß der sogenannten ideellen Länge, kurz „Li“ genannt, sollte 11,72 m sein.
Nun handelt es sich beim klassischen Schärenkreuzer um ein nahezu leeres Regattaboot mit spartanischer, vermessungsseitig vorgeschriebener Mindestausstattung. Einen Motor, Tanks, Pantry, Kühlbox, Batterien und einen kompletten Kajütausbau bis hin zur Achterkajüte gab es beim klassischen Schärenkreuzer nicht. Bereits die Motorisierung mit dem zunächst vorgesehenen 7,5 PS Volvo Penta MD5A Einzylinder wiegt mit Getriebe, 70 l Tank und Anlasser Batterie etwa 250 kg.
Es gibt einen Unterschied zwischen der Konstruktionswasserlinie, also jener, die dem Konstrukteur beim Entwurf des Bootes wie beschrieben vorschwebt, und der tatsächlichen Wasserlinie, in der das werftneue Boot schwimmt. Und es gibt drittens die Wasserlinie, die das Boot nach einer Weile dann mit weiteren Ein- und Umbauten hat, etwa einer stärkeren Maschine oder zusätzlichen Tanks für die Bodenseezulassung beispielsweise. Unter dem Strich interessant ist das tatsächliche Gewicht.
Bootsdaten Jubilee S40 erster Entwurf
Länge | 14,25 m |
Konstruktionswasserlinie | 10,45 m |
Li (vermessungsrelevante ideelle Länge) beim 40er Schärenkreuzer 21 cm über WL gemessen | 11,72 m |
Breite | 2,65 m |
Tiefgang | 1,85 m |
Gewicht | 4,25 t |
Ballast | 2,2 t |
Jubilee S40 als Schärenkreuzer
Auch der Segelriss von Dezember 1980 kündigt einen Schärenkreuzer mit 40 m2 vermessener Segelfläche an, bestehend aus 27,6 m2 Großsegel und 12,4 m2 (80 Prozent des Vorsegeldreiecks). Bei näherem Interesse finden Sie hier mehr zur Berechnung der Segelflächen beim Schärenkreuzer. Die Besegelung wird bald größer. Es folgen Zeichnungen des Jubilee S40 mit 55 und 65 m2 vermessener Segelfläche.
Angesichts der Erfahrungen mit den schwerer als geplant geratenen Touren Schärenkreuzern S30 und Swede 55 bleibt heute unklar, wie bei diesem Entwurf das Gewicht und damit die Wasserlinie eingehalten werden sollte. Bald wurde die Verdrängung des Jubilee S40 von 4 1⁄4 auf 5,3 t korrigiert. Tatsächlich wiegen die finnische Celeste und das Bodenseeschiff namens Traumfänger etwa 6 t. Wie anspruchsvoll der Bau eines regelkonformen Schärenkreuzers ist, beschreibt der Beitrag über den 75er Schärenkreuzer Gustaf. Der Jubilee S40 wurde etwas länger und 5 cm breiter.
50-jähriges Jubiläum als Yachtkonstrukteur
Reimers war 1930 als frisch diplomierter Schiffbauingenieur von Abeking & Rasmussen aus Bremen nach Stockholm gekommen, wo er bei Gustav A. Estlander arbeitete. Nach dem plötzlichen Tod seines Chefs hatte er im Jahr darauf dessen Büro übernommen. Seit 1931 war er selbstständig. So feierte er mit dem Entwurf sein 50-jähriges Jubiläum. Und er war 75 Jahre alt, als die Werft Tufa Marin AB in Färentuna am Mälarsee westlich von Stockholm das Projekt mit diesem magentafarbenen Poster präsentierte. Bald wurde es als Jubilee S40 vorgestellt. Der Prototyp schwamm 1983.
Das Boot ähnelt Swede 55, die Reimers 1974 – 75 entworfen hatte. Die Segelgeometrie mit dem Schärenkreuzer-typischen Partialrigg, wo das Vorstag deutlich unter dem Masttop sitzt, der Löffelbug, der flachbordig elegante Rumpf mit dezentem Deckssprung, der gestreckte, achtern stufig angehobene Kajütaufbau, Mittelplicht und Achterkajüte lassen auf den ersten Blick eine Swede 55 vermuten. Der zweite Blick auf Abmessungen wie Länge und Breite zeigt, dass der Jubilee S40 eine um 10 Prozent verkleinerte Swede 55 ist.
Vermutlich ist die Konstruktion vom 40 m2 One Design abgeleitet, wie Reimers es 1974 während der Entwicklung von Swede 55 entworfen hat. Die wesentlichen Schritte zu Swede 55 sind in dieser Rubrik dokumentiert. Auch unter Verdrängungsgesichtspunkten füllte das Boot die Lücke zwischen dem 12,50 m langen S30 und der 16 m messenden Swede 55. Der S30 war mit 3,6 t geplant, für Swede 55 hatte Reimers 7,75 t vorgesehen. Der S40 Jubilee sollte 5,3 t wiegen. Tatsächlich wiegt ein S30 4 t, der Jubilee S40 6 t und Swede 55 an die 9 t.
Lücke zwischen S30 und Swede 55
Mit 304 gebauten Exemplaren war der S30 ein Erfolg, Swede 55 mit 27 Fisksätra Werftbauten ebenso, wobei letztere in den Achtzigerjahren von einer Nachfolgewerft weiterhin gefertigt wurden. So lag es Anfang der Achtzigerjahre nahe, die Lücke zwischen den beiden Reimersschen Touren Schärenkreuzern mit diesem Modell zu schließen.
Reimers war ein passionierter Segler, der seinen eigenen S30 bis ins hohe Alter genoss. Er lebte die Auszeit auf dem Wasser in vollen Zügen und vergaß zum Leidwesen seiner Frau Effi, seiner Söhne und anderer Mitsegler schon mal die rechtzeitige Rückkehr an Land. Segeln in den Schären bedeutete ihm so viel, dass er die Gründung eines Museums auf der Insel Stora Fjäderholmarn zur Dokumentation des maritimen Lebens im Schärengarten anregte. Das Logo des Jubilee S40 zeigt eine gekrönte Wildgans, erinnert an seine Begeisterung für das Segeln im Schärengarten.
Im Herbst 1995 hatte ich die Gelegenheit, das oben gezeigte erste Exemplar des Jubilee S40 namens Astragal in den Stockholmer Schären zu segeln. Der Eigner war so freundlich, mich an Bord übernachten zu lassen, sodass ich einen Eindruck vom Bordleben bekam.
Auch bezüglich der Höhe unter Deck machen sich die kleineren Proportionen gegenüber Swede 55 bemerkbar. Der Jubilee S40 Jubilee bietet annähernd, jedoch nicht volle Stehhöhe. Die Optik in Gestalt niedriger Freibordhöhe hat ihren Preis. Es ist ein Preis, den Bootskäufer damals bei 14,40 m (47 Fuß) zögernd, heute kaum mehr zahlen. So ist der sehenswerte Touren-Schärenkreuzer ein seltenes wie schönes Boot für Ästheten und Individualisten.
Der traditionell dunkle Kajütausbau in lackiertem Mahagoni mit dunkelroten Samtpolstern lässt das Boot unter Deck enger erscheinen, als es ist. Den Jubilee S40 gibt es auch anders ausgebaut. Zum Vergleich: Der S30 ist 2,50 m breit, Swede 55 drei Meter.
Die Geschichte des Jubilee S40 Meteor
Der bayerische Luftfahrtingenieur Werner Dusold war eine Weile mit der kleineren Schwester S30 unterwegs, bevor er mit großer Begeisterung seinen Jubilee S40 auftakelte.
Beraten von Konstrukteur Knud Reimers und dem Mastenbauer Seldén takelte er Baunummer 8 mit einem deutlich größeren Rigg auf und legte mit enormer Segelfläche ab. Die Fotos zeigen, dass Meteor wie ein Libera-Renner für leichte thermische Brisen auf den alpennahen Seen optimiert war. Seitlich ausklappbare Aluminiumbügel sollten das Mannschaftsgewicht im Trapez besser zur Geltung bringen. Dusold berichtet von Spitzengeschwindigkeiten zwischen 14 und 18 Knoten bei passenden Bedingungen auf dem Chiemsee. Der Topspinnaker hat 262 m2. Dusold war mit Knud Reimers befreundet und ist ähnlich wie Reimers ein unbeirrbarer Verfechter der herkömmlichen Kiel-Ruderkonfiguration, wo das Ruder an der Kielflosse hängt.
Es ist kaum zu glauben, dass Dusold dieses Boot mit seiner Familie auf dem Mittelmeer und im Atlantik segelte. 1987 nahm er am Fastnet Race teil, wo er seinen Schilderungen zufolge auch deutlich größere Boote bei der deftigen Kreuz vom Solent bis Lizard Point achteraus ließ.
Bootsdaten Jubilee S40 Meteor
P (Großsegel Vorliek) | 18,57 m |
E (Großsegel Fuß) | 5,40 m |
I (Höhe Vorsegel ∆) | 20,03 m |
J (Basis Vorsegel ∆) | 4,75 m |
Großsegel | 54 & 62 m2 |
Fock 1, 2 und 3 | 31, 28,3 & 24 m2 |
Sturmfock 1 und 2 | 15 & 11 m2 |
Genua 1 und 2 | 72 – 59 m2 |
Trysegel | 11 m2 |
Am Wind Besegelung (Groß und Fock) | 89 m2 |
Gewicht laut Messbrief | 5,7 t |
Segeltragzahl Groß & Fock (bezogen auf 5,7 t) | 5,27 |
Segeltragzahl Groß & Genua (bezogen auf 5,7 t) | 6,07 |
Leichtwind Topspinnaker | 262 m2 |
Spinnaker 2 | 216 m2 |
Spinnaker 3 | 130 m2 |
Motor Außenborder | 10 PS |
Segelmaße gemäß DSV Messbrief 80329 vom 13.7.1987 und eigenen Angaben 1.6.1994. Bei der Segeltragezahl handelt es sich um eine dimensionslose Zahl anhand folgender Berechnung: (2√Segelfläche in m2 / 3√Verdrängung in t). Je höher der Wert, desto mehr Segelfläche hat das Boot im Verhältnis zur Verdrängung. Fahrtenyachten ≈ 3,5 – 4, moderne Boote ≈ 4,3 – 5.
Kajüthöhen
Niedergang | 1,73 m |
Salon | 1,68 m |
Als Ingenieur und Segler wusste Dusold, wie nachteilig Gewicht ist. Auch deshalb war er mit einem leichten Außenborder als Flautenschieber statt schwerer Einbaumaschine unterwegs. Ansonsten ließ Dusold an Bord viel weg – und seglerisch wenig aus. Ein Beispiel, was diese Boote mit und aus Seglern machen.
Nun lässt sich das Seglerglück auch weniger spektakulär mit einem hübschen Standardboot genießen. Die Flotte der überwiegend in Schweden und Finnland beheimateten Jubilee S40 beweist es. Wie die Fotos und folgende Übersicht zeigen, gibt es auch ein schönes Exemplar am Bodensee.
Welche Jubilee S40 wo segeln
In den Achtzigerjahren entstanden vermutlich neun Boote des Typs. Die Bootswerft Beck & Söhne baute einige in Schweden gekaufte Schalen für deutsche Eigner aus. Folgende Übersicht dokumentiert die Flotte ähnlich wie den S30, dessen zweite Version und Swede 55. Wie Sie sehen, gibt es noch Lücken. Die Informationen stammen von verschiedenen, teils alten Quellen. Identifizierte Segelnummern sind fett markiert. Sollten Sie mehr wissen, würde ich mich über eine Nachricht freuen. Stand 3. Dezember 2023
Baujahr Segelnummer | Rumpffarbe | Name | Segelrevier | Bemerkungen |
1983 S 1 | weiß | Astragal | Stockholmer Schären | blaue Ziergöhl |
1983 S 2 | weiß | Stockholmer Schären | rote Ziergöhl | |
1985 | weiß | Celeste | Espoo/Finnland | weiß, blauer Decksbelag, Ausbau in Teak natur, separates Ruder, 24 Maschine |
198? S 6 | weiß | Emilie | blaue Ziergöhl | |
1984 G 7 | weiß | Siegfried, Traumfänger | Untersee des Bodensee, Insel Reichenau | Von Beck Werft ausgebaute Tufa Marin Schale, kielgeführtes Ruderblatt, seit 2003 zweiter Eigner, Teakdeck, Radsteuerung, Scheuerleiste, Aussteifung des Mastes oben mt Diamonds für den Topspinnaker, Foliensegel, 6 t |
1984 G 8 | weiß | Meteor | Chiemsee, Atlantik, östliches Mittelmeer, Bodensee, Schlei/Norddeutschland | großes Binnenrigg, zahlreiche Regatten und Törns, 2. Eigner seit 2022 |
1987 G 10 | weiß | Aphaia | Untersee des Bodensee, Insel Reichenau, Ostsee | Von der Beck Werft ausgebaute schwedische Schale, separates Ruderblatt, Mahagoni Aufbau mit Teakdeck, Radsteuerung, viel Technik, daher schweres Schiff, 19,35 m Mast, 50 qm Groß, 27-PS-Motor |
1990 SWE 10 | weiß | Ellen | Stockholmer Schären | Separates Ruderblatt, mahagonifurnierter Spiegel, 20 m Mast, wiegt ≈ 6 t |
Der Jubilee S40 ist ein Schiff für Segler, die zugunsten eines hübschen, wunderbar segelnden Bootes die erwähnten Einschränkungen des Komforts in Kauf nehmen.
Bootsdaten Jubilee S40 Standardausführung
Länge über Alles | 14,40 m |
Wasserlinie | 10,70 m |
Breite | 2,70 m |
Tiefgang | 2 m |
Gewicht | ≈ 5,3 – 5,5 t |
Tatsächliches Gewicht Celeste und Traumfänger | ≈ 6 t |
Ballast (Blei) | 2,55 t |
Am Wind Besegelung (Groß und Fock) | 65 m2 |
Großsegel | 40 m2 |
Fock | 25 m2 |
Genua 1 | 40 m2 |
Genua 2 | 32 m2 |
Spinnaker | 97 m2 |
Segeltragzahl Groß & Genua (bezogen auf 5,3 t) | 4,5 |
Motorempfehlung: Volvo Penta 15 PS (11,2 kW) mit Welle oder Saildrive | |
Kajüthöhe im Niedergangsbereich | ≈ 1,72 m |
Kajüthöhe im Salon | ≈ 1,68 m |
Zwei Kojen im Vorschiff und zwei der Achterkajüte. Zwei weitere Schlafgelegenheiten im Salon. Tanks für 70 l Frischwasser und 70 l Diesel. Es gibt das Boot mit verschiedenen Kiel-/Ruderformen und Mastlängen.
Dank an Werner Dusold, Tanja und Thomas Jäger, Lars-Olof Norlin (1932–2017), S. Irving, das Sjöhistoriska Museet/Stockholm, Ulf Torberger. Foto oben von Tanja Jäger: Jubilee S40 Traumfänger auf dem Bodensee.
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