
Swede 75 Universal Hartbeat
Die Geschichte dieses Swede 55 Nachfolgers zeigt, was man bei Regatten an der Süd- und Westküste Englands, beim Fastnet Race oder an der Côte d’Azur mit einem seglerisch fokussierten Boot machen kann.
Aufmerksam, wie eine Jolle mit Pinne und Pinnenausleger statt Rad gesteuert und fast alle auf der hohen Kante. So wurde der 16 m Touren Schärenkreuzer Universal Hartbeat bei frischem Wind Anfang der Neunzigerjahre in englischer Hand gesegelt. Der Bootsname war hinsichtlich der sportlichen Ambitionen des südenglischen Eigners und Langstreckenläufers Harding bewusst gewählt.
Swede 55 mit Turbolader
Bei der Fisksätra Werft waren bis 1979 27 Boote, in der Nachfolgewerft bis 1986 sechs weitere Swede 55 entstanden, darunter die bei San Francisco – Hawaii Regatta erfolgreiche Temptress und Counterpoint bei der Annapolis Bermuda-Regatta. So dachte Swede 55 Initiator Olof Hildebrand Ende der Achtzigerjahre, beraten von Prof. Sven Olof Ridder und Yachtkonstrukteur Lars-Olof Norlin, über eine getunte Swede 55 nach. Die Idee war, dem Boot deutlich mehr Segelfläche zu geben, daher die aus der nominellen Segelfläche (Großsegel ∆ + 85 % Vorsegel ∆) abgeleitete Typbezeichnung Swede 75.
Swede 55 | Swede 75 | |
Großsegel | 44 m2 | 62 m2 |
Fock | 30 m2 | 43 m2 |
Am Wind Besegelung | 74 m2 | 105 m2 (152 %) |
Universal Hartbeat erhielt einen deutlich längeren, oben von einem Jumpstag stabilisierten Aluminiummast von Isomat, der mit Back- und Checkstagen getrimmt wird.

Ein überarbeitetes Unterwasserschiff mit gestreckter Kielflosse, 700 kg mehr und tiefer angeordnetem Ballast und eine leichtere Bauweise sollten Geschwindigkeit und Segelspaß steigern. Der Wassertank wurde im Kiel untergebracht. Die Innenschalen für die Fisksätra Serienfertigung des Interieurs und zur ansehnlichen Verkleidung der Kajütwände wurden weggelassen. Auch das sparte Gewicht.
Wie Swede 75 entstand
Yachtkonstrukteur Lars Olof Norlin (1932–2017), nicht zu verwechseln mit Peter Norlin, war diplomierter Schiffbauingenieur. Von ihm stammte das Ende der Sechzigerjahre entwickelte Handicap-System Lidingö Yard Stick (LYS). Norlin hatte zahlreiche Tourenboote namens Adagio, Allegro, Fortissimo, Furioso bis hin zur beliebten Marieholm 33 entworfen und auch in beachtlichen Stückzahlen gebaut. Lars-Olof Norlin war seit der vorübergehenden Fertigung der Swede 55 Nachfolger in seiner Acva Bat AB im Thema. So baute die Crown Yacht AB von Olof Hildebrand 1988-90 zwei Boote dieses Typs namens Niña und Universal Hartbeat.
Er legte Universal Hartbeat an eine Mooring vor Brooklands Farm im River Hamble, segelte damit 1991 und nochmals 1993 das Fastnet Race. Obige Beken of Cowes Fotos zeigen das Boot unter anderem im Needles Channel, als es Harding zufolge mit 12–14 Knoten lief.
1993 überführte er durch die Biskaya nach Südfrankreich zur Nioulargue Regatta. Universal Hartbeat lag eine Weile in Mallorca, bis sie wieder nach England zurückkehrte. 1997 segelte Harding das Three Peaks Yacht Race. Diese Regatta erinnert an den Segelabenteurer und Extrembergsteiger William „Bill“ Tilmann. Es werden drei Berge angesteuert, die von einem Crewmitglied im schnellstmöglichen Laufschritt bezwungen werden. Danach wird weiter gesegelt. Da Motoren nicht erlaubt ist, Rudern aber schon, wurde auf dem Vordeck eine Rudervorrichtung mit Dollen und Rollwagen montiert. So etwas machen vermutlich nur Briten.
Bootsdaten Swede 75
Länge über alles | 16 m |
Länge Wasserlinie | ≈ 12,80 m |
Breite | 2,97 m |
Tiefgang | ≈ 2,26 m |
Verdrängung laut Werft circa | 8,2 t |
Ballast | 4,1 t |
Ballastanteil | 50 % |
Alumast Fabrikat Isomat auf dem Kiel stehend | 22 m |
Am Wind Segelfläche | 105 qm |
Großsegel | 62 qm |
Fock | 43 qm |
Längen-Breitenverhältnis | 5,3 |
Segeltragzahl | 5 |
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Hardings Erfahrungen mit Universal Hartbeat
Harding lebte seine seglerischen wilden Jahre mit dem Boot aus. Beim gezeigten Ritt vor den Needles surfte Universal Hartbeat wenige Meilen südlich der Isle of Wight bei 6–7 Windstärken lange Strecken 17–18 Knoten und rutschte einmal mit 21 kn die Wellen herunter. Ich gebe solche Erzählungen und Zahlen normalerweise nicht wieder, bei Harding, der alljährlich Ende August die sogenannte South Coast Regatta segelte, schon. Da wurden 300 Meilen gesegelt und 70 Meilen gelaufen.
Ende der Neunzigerjahre besuchte ich Harding am Hamble und habe sein Boot bei der Gelegenheit am Liegeplatz angeschaut. Harding beschrieb Universal Hartbeat als interessantes, im windreichen südenglischen Revier seglerisch forderndes Boot. Er hält Swede 75 für etwa 20 Prozent übertakelt und hat es fast ständig gerefft gesegelt.
„Der Mast ist oben zu schwer, drückt das Schiff auf die Seite und lässt die Flanke des Vorschiffs hart in die kurze steile Welle einsetzen.“ Damals überlegte Harding das Boot entweder zu verkaufen oder den Mast der Handlichkeit halber zu kürzen. Anfang der 2000er Jahre gelangte Universal Hartbeat zunächst in den Besitz eines deutschen Eigners und wurde bald nach Schweden verkauft. Dort weht es zwar auch, allerdings nicht ganz so stark wie in England und es gibt mehr glattes Wasser.
Den Nachteil des langen und in herkömmlicher Aluminiumausführung auch schweren Mastes gleicht ein Karbonmast mit überschlägig halbem Nettoröhrengewicht aus. So wurde es beim nächsten Swede 55 Nachfolger namens Cheyenne gemacht. Den Artikel dazu finden Sie anhand des unten genannten Link. Auch das Schwesterschiff Niña wurde umgerüstet.
Meine Erfahrungen mit Swede 75
Swede 75 führte 1991 zur Gründung von Swedesail. Im Mai 1992 hatte ich Gelegenheit, das Schwesterschiff namens Niña vor Schilksee in der Kieler Förde und vor Warnemünde mit Interessenten zu segeln. Ein faszinierendes Schiff, das bereits bei leichten Wind beeindruckend läuft, gewissermaßen eine Swede 55 mit Turbolader.
Ein Boot für erfahrene Segler
Bei Swede 75 ist die ansonsten bei zunehmender Krängung sicherheitshalber eingebaute Luvgierigkeit abgestellt. Wie ich an einem windreichen Nachmittag vor Warnemünde an Bord von Niña erlebte, muss in einer kräftigen Bö bewusst angeluvt werden, um Druck aus den Tüchern zu bekommen. Ansonsten fährt Swede 75 unbeeindruckt von der zunehmenden Schräglage weiter und hält auch bei deftiger Krängung Kurs. Ich habe das Boot 1995 an einen deutschen Eigner verkauft. Niña ist seit einigen Jahren mit einem Karbonmast unterwegs.
Foto oben von Beken of Cowes: Universal Hartbeat im Solent. 3. Juni 25 aktualisiert. Abonnieren Sie den → kostenlosen Newsletter und Sie verpassen keine neuen Artikel.
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