
Segler Beratung: Das neue Großsegel
Der Kauf eines neuen Segels ist nicht einfach. Welches Tuch ist geeignet. Wie stabil also schwer muss und wie schwer darf es sein? Was ist sonst noch zu beachten? Daher dieser Beitrag zum Thema Segler Beratung am Beispiel eines neuen Großsegels für Swede 55.
Es ragt 18 Meter ins Blaue und ist zehn Prozent größer als das vorherige Großsegel des schweizer Segelmachers VM Sails, das in den Neunzigerjahren leider mit zu kurzem Unterliek geliefert wurde. Fünf Latten, davon zwei durchgehende ganz oben, stabilisieren das neue Großsegel.
Im Herbst zuvor hatten Segelmacher Arnd Deutsch und ich ein spezielles Segeltuch und weitere Einzelheiten vereinbart. Es sollte so verarbeitet sein wie das vorherige, handwerklich ausgezeichnete VM Sails Groß: vom Tuchgewicht, der Verarbeitung und Ausstattung her mit besonders großen Verstärkungen an den Reffösen.
Überlegungen zum Tuch
Ungeachtet des heutigen Trends zu handlich leichten, jedoch leider wenig haltbaren Foliensegeln wieder aus langlebigem Dacron. Diesmal aus einem speziellen Gewebe mit zugfesten Vectranfäden. Die Nachteile der Polyesterfaser und des von diesem Material vorgegebenen herkömmlichen Horizontalschnitts werden mit mehr Tuchgewicht, gezielter Verstärkung des Achterlieks und Dopplungen über den Reffösen ausgeglichen.
Als der Segelmacher und ich die fast 5 Meter lange Rolle an Bord tragen, erschrecke ich über das Gewicht. Auch ist das Segel an den Verstärkungen der Reffösen starr und dick wie Pappe. “Du wolltest es ja so haben” erinnert mich Arnd Deutsch an unsere Gespräche im Herbst.
Spürbar mehr Power
Startschwierigkeiten mit den beiden schwergängigen Mastrutschern der durchgehenden Latten werden von Deutsch rasch mit Spezialrutschern behoben, die für den Schub aus den Latten geeignet sind. Die Kraft des neuen Antriebs ist mit deutlich größerem Zug an der Schot spürbar. Mit diesem neuen Segel wird ein viele Jahre gehegter Traum wahr. Gamle Swede ist lange gegen das von Jahr zu Jahr größere Handicap des immer bauchigeren Profils gesegelt.
Mit der neuen Fock und diesem Groß in der vorgesehenen Größe ist das Boot endlich angemessen und universell besegelt. Universell heißt hierbei, dass ich die Genua von Bord nehme. Mit 74 qm geht bereits bei wenig Wind etwas. So hatten sich Konstrukteur Knud Reimers das in den Siebzigerjahre gedacht. Ab drei Windstärken läuft es viel besser. Allerdings hat das schwere und entsprechend starre Tuchs den Nachteil, dass es sich schlecht legen läßt. Das wird im Lauf der Zeit durch den Gebrauch des Segels von selbst besser.
- Tuch Dacron mit gelben Vectranfäden in Schussrichtung von Dimension-Polyant, Markenname Vectron, Typ VEC084
- Fläche 44 qm
- Reffgrößen erstes Reff 36 qm (80 %), zweites Reff 28 qm (63 %), drittes Reff 19 qm (43 %)
- Tuchgewicht 8,3 Unzen = 370 gr/qm
- Schnitt rechtwinklig zum Achterliek angeordnete Bahnen
- Baumnock mit 10 cm kürzerem Achterliek angehoben
- Vorliek Liekleine doppelt in abgestufte Tuchstreifen eingeschlagen. Ringe für die drei Reffs beidseitig am Vorliek angenäht und somit immer in Luv einzuhängen
- Achterliek hinteres Viertel des Segels bis über das dritte Reff mit 7 Unzen Tuch aufgedoppelt. Reffs mit einer Lage 8,3 Unzen Vectron Tuch mit den Vectranfäden in Hauptzugrichtung verstärkt. Darüber gefächerte Dopplungen für die Reffösen
- Segellatten oben zwei mal durchgehend, 1,50 und 2,60 m lang. Darunter drei Latten 1,50 bis 1,90 m lang
- zwei Rutgerson Druckrutscher für die durchgehenden Latten. Neue Weiche von Seldén zur Aufnahme der Rutscher in der Mastspur und zum leichtgängigen Setzen
- Segelmacher Arnd Deutsch, Teerhofsinsel, Bad Schwartau bei Lübeck