
S40 Jubilee Touren Schärenkreuzer
Touren Schärenkreuzer sind kaum bekannte, allenfalls Insidern vertraute Exoten. Am ehesten kennt man den 12,50 m langen S30 und die 16 m lange Swede 55. Sie waren damals in Deutschland bei den Bootsmessen in Hamburg, Düsseldorf und Friedrichshafen zu sehen. So gelang es der Fisksätra Werft, sie 1972 bis ’79 in beachtlichen Stückzahlen nicht allein in Schweden, auch nach Deutschland und international zu verkaufen. Sie werden bis heute im deutschsprachigen Raum in Norddeutschland, am Bodensee und in der Schweiz gesegelt. Der S30 ging auch nach England, die USA und sogar Australien. Swede 55 erfreute sich einer ähnlich weltweiten Verbreitung.
Selten und sehenswert: der S40 Jubilee
Den S40 Jubilee kennt außerhalb Schwedens kaum jemand, weil er in den Achzigerjahren als Nachzügler kam. Da waren die Erwartungen an umbauten Raum bei Tourenbooten weiter gestiegen. Und es gab zahlreiche hochbordigere und komfortablere Modelle, auch von Werften wie Luffe und Wasa.

Wie es zum S40 Jubilee kommt
Ende 1980, Anfang 81 feiert Konstrukteur Knud Reimers sein 50-jähriges Jubiläum als selbstständiger Yachtkonstrukteur mit dem Entwurf eines 40er Schärenkreuzers im Auftrag der Stockholmer Segler Christoffer Hillbom und S. Irving. Wie ein näherer Blick auf die Zeichnung verrät, enthält sie die Berechnung des Längenmaßes gemäß Schärenkreuzer Regel anhand einer optimistischen Einschätzung des Gewichts, nämlich der Wasserlinie (Maß L0) von 10,45 m und des 21 cm darüber abgenommenen vermessungsrelevanten Längenmaßes L1 von 11,72 m. Reimers geht zunächst von 4,25 t Verdrängung bei 2,2 t Ballast aus.

S40 Jubilee als Schärenkreuzer?
Reimers’ Segelplan von Dezember 1980 zeigt, dass er zunächst einen regelkonformen Schärenkreuzer mit vermessenen 40 qm Segelfläche, bestehend aus 27,58 qm Großsegel und 12,42 qm (80 Prozent des Vorsegeldreicks) vorsieht. Hier finden Sie näheres zur Berechnung der Segelflächen beim Schärenkreuzer. Die Flächen werden bald größer. Es gibt Zeichnungen des S40 Jubilee mit 55 und 65 qm vermessener Segelfläche.

Beim klassischen Schärenkreuzer handelt es um ein nahezu leeres Regattaboot mit spärlichen vermessungsseitig vorgeschriebenen Annehmlichkeiten. Eine Maschine, Tanks, Pantry, Kühlbox, Batterien und ein umfänglicher Kajütausbau bis hin zur Achterkajüte waren nicht vorgesehen. Sie fügen dem Boot ohne weiteres eine halbe Tonne hinzu, vermutlich mehr. Diese Zuladung müsste aus dem Kiel genommen werden, was nicht möglich ist.

Länge | 14,25 m |
LI (vermessungsrelevante Länge (beim 40er 21 cm über WL gemessen) | 11,60 m |
Wasserlinie | 10,10 m |
Breite | 2,65 m |
Tiefgang | 1,85 m |
Gewicht | 4,25 t |
Ballast | 2,2 t |
Es bleibt aus heutiger Sicht, auch angesichts der gemachten Erfahrungen mit den schwerer als geplant geratenen S30 und Swede 55 unklar, wie Reimers bei diesem Entwurf als Touren Schärenkreuzer das maximal zulässige Gewicht einhalten wollte. Tatsächlich wurde die Verdrängung des S40 Jubliee bald von 4 1/4 auf 5,3 t korrigiert. Wie anspruchsvoll der Bau eines regelkonformen Schärenkreuzers ist, beschreibt der Beitrag über den 75er Schärenkreuzer Gustaf.
Reimers ist 1930 als frisch diplomierter Schiffbauingenieur von Abeking & Rasmussen aus Bremen nach Stockholm gekommen, wo er bei Gustav A. Estlander arbeitete. Nach dem plötzlichen Tod seines Chefs hat er im Jahr darauf dessen Büro übernommen. Seit 1931 ist er Selbstständig. Und er ist 75 Jahre alt, als die Werft Tufa Marin AB in Färentuna am Mälarsee östlich von Stockholm den S40 Jubilee mit diesem magentafarbenen Poster präsentiert. Das Boot wird 1982 als S40 Jubilee vorgestellt und der Prototyp ein Jahr später aufgetakelt.

Das Boot ähnelt nicht zufällig Swede 55, die Reimers 1974 – 75 entworfen hatte. Die Segelgeometrie mit dem Schärenkreuzer-typischen Partialrigg, wo das Vorstag deutlich unter dem Masttop sitzt, der Löffelbug, die flachbordige Linie mit dezentem Deckssprung, der gestreckte, achtern stufig angehobene Kajütaufbau, Mittelplicht und Achterkajüte lassen auf den ersten Blick eine Swede 55 vermuten. Der zweite Blick auf Abmessungen wie Länge und Breite zeigt, dass der S40 Jubilee eine um 10 Prozent verkleinerte Swede 55 ist.

Vermutlich handelt es sich um eine Version des 40 qm One Design, wie Reimers es 1974 während der Entwicklung von Swede 55 entworfen hatte. Die wesentlichen Schritte zu Swede 55 sind in dieser Rubrik dokumentiert. Der S40 Jubilee füllt die Lücke zwischen dem 12,50 m langen S30 und der 16 m messenden Swede 55 auch unter Verdrängungsgesichtspunkten. Der S30 war auf 3,6 t geplant, für Swede 55 hatte Reimers 7,75 t vorgesehen. Der S40 Jubilee sollt 5,3 t wiegen.

Lücke zwischen S30 und Swede 55
Mit 304 gebauten Exemplaren war der S30 ein Erfolg, Swede 55 mit immerhin 27 Fisksätra Werftbauten ebenso, wobei letztere in den Achtzigerjahren von einer Nachfolgerwerft weiterhin gefertigt wird. So liegt es Anfang der Achtzigerjahre nahe, die Lücke zwischen den beiden Reimersschen Touren Schärenkreuzern mit diesem Modell zu schließen.

Reimers ist ein passionierter Segler, der seinen S30 bis ins hohe Alter genießt. Er lebt die Auszeit auf dem Wasser in vollen Zügen und vergisst zum Leidwesen seiner Frau Effi, seiner Söhne und anderer Mitsegler schon mal die rechtzeitige Rückkehr an Land. Segeln in den Schären bedeutet ihm so viel, dass er die Gründung eines Museums auf der Insel Stora Fjäderholmarn zur Dokumentation des maritimen Lebens im Schärengarten anregt. Das Logo des S40 Jubilee, es zeigt eine gekrönte Wildgans, erinnert an seine Begeisterung für das Segeln im Schärengarten.

Im Herbst 1995 habe ich Gelegenheit, das oben gezeigte erste Exemplar des S40 namens Astragal in den Stockholmer Schären zu segeln. Der Eigner ist so freundlich, mich an Bord übernachten zu lassen, sodass ich einen Eindruck vom Bordleben bekomme.

Auch bezüglich der Höhe unter Deck machen sich die kleineren Proportionen gegenüber Swede 55 bemerkbar. Der S40 Jubilee bietet lediglich annähernd statt volle Stehhöhe. Die Optik in Gestalt niedriger Freibordhöhe hat ihren Preis. Es ist ein Preis, den Bootskäufer bei 14,40 m (47 Fuß) damals zögend, heute kaum mehr zahlen. So ist der sehenswerte S40 Jubilee Touren Schärenkreuzer ein seltenes wie schönes Boot für Ästheten und Indivualisten.

Der traditionell dunkle Kajütausbau in lackiertem Mahagoni mit dunkelroten Samtpolstern, den S40 Jubilee gibt es auch mit anderen Interieurs, lässt das Boot unter Deck enger erscheinen als es ist. Zum Vergleich: der S30 ist 2,50 m breit, Swede 55 drei Meter.
Die Geschichte des S40 Jubilee Meteor
Der bayrische Luftfahrtingenieur Werner Dusold war eine Weile mit der kleineren Schwester S30 unterwegs, bevor er mit großer Begeisterung seinen S40 Jubilee namens Meteor segelte.

Beraten von Konstrukteur Knud Reimers und dem Mastenbauer Seldén takelte er Baunummer 8 mit einem deutlich größeren Rigg auf und legte mit enormer Segelfläche ab. Die Fotos zeigen, dass Meteor wie ein Libera-Renner für leichte thermische Brisen auf den alpennahen Seen optimiert war. Seitlich ausklappbare Aluminiumbügel sollten das Mannschaftsgewicht im Trapez besser zur Geltung bringen. Dusold berichtet von Spitzengeschwindigkeiten zwischen 14 und 18 Knoten bei passenden Bedingungen auf dem Chiemsee. Der Topspinnaker hatte 262 m2. Dusold war mit Knud Reimers befreundet und ist ähnlich wie Reimers ein unbeirrter Verfechter der herkömmlichen Kiel-Ruderkonfiguration, wo das Ruder an der Kielflosse hängt.
Es ist kaum zu glauben, dass Dusold dieses Boot mit seiner Familie auf dem Mittelmeer und Atlantik segelte. 1987 nahm er am Fastnet Race teil, wo er seinen Schildungen zufolge bei deftigen Bedingungen auch deutlich größere Boote bei der Kreuz vom Solent bis Lizard Piont achteraus ließ, bis er übermüdet vom 28-stündigen Steuern das Rennen aufgab.
Bootsdaten S40 Jubilee Meteor
P (Großsegel Vorliek) | 18,78 m |
E (Großsegel Fuß) | 5,40 m |
I (Höhe Vorsegel ∆) | 20,30 m |
J (Basis Vorsegel ∆) | 4,75 m |
Großsegel | 59 m2 |
Fock | 30 m2 |
Genua 1 | 59 m2 |
Am Wind Besegelung (Groß und Fock) | 89 m2 |
Segeltragzahl Groß & Fock (bezogen auf 5,7 t) | 5,27 |
Segeltragzahl Groß & Genua (bezogen auf 5,7 t) | 6,07 |
Leichtwind Topspinnaker | 262 m2 |
Motor 10 PS Außenborder |
Segelmaße gemäß DSV Meßbrief 80329 vom 13.7.1987. Die Segeltragzahl verrechnet die Segelfläche mit der Verdrängung anhand folgender Formel: (2√Segelfläche in m2 / 3√Verdrängung in t). Fahrtenyachten ≈ 3,5 – 4, moderne Boote ≈ 4,3 – 5.
Als Ingenieur und Segler wußte Dusold, wie nachteilig Gewicht ist. Auch deshalb war er mit einem leichten Außenborder als Flautenschieber statt schwerer Einbaumaschine unterwegs. Ansonsten ließ Dusold an Bord viel weg – und seglerisch wenig aus. Ein Beispiel, was diese Boote mit und aus Seglern machen. Natürlich läßt sich das Seglerglück auch leise, weniger spektakulär mit einem hübschen Standard-S40 ohne riesigem Mast, gigantische Segelflächen und Ausleger genießen. Die Flotte der überwiegend in Schweden und Finnland beheimateten S40 beweist es. Wie folgende Übersicht zeigt, gibt es auch ein schönes Exemplar am Bodensee. Es wird von einem Konstanzer Ehepaar mit Vergnügen auf dem Untersee gesegelt.
Welche S40 Jubilee wo segeln
In den Achtzigerjahren entstehen vermutlich neun Boote des Typs. Folgende Übersicht dokumentiert sie ähnlich wie die S30 und Swede 55 Flotte. Wie Sie sehen gibt es noch Lücken. Die Informationen stammen von verschiedenen, teils alten Quellen. Sicher identifizierte Segelnummern sind fett markiert. Für Ergänzungen, Korrekturen und Hinweise auf weitere S40 Jubilee wäre ich dankbar. Stand 29. November 2023
Baujahr Segelnummer | Rumpffarbe | Name | Segelrevier | Bemerkungen |
1983 S 1 | weiß | Astragal | Stockholmer Schären | blaue Ziergöhl |
1983 S 2 | weiß | Stockholmer Schären | rote Ziergöhl | |
1985 | weiß | Celeste | Espoo/Finnland | weiß, blauer Decksbelag, Ausbau in Teak natur, separates Ruder, 24 Maschine |
198? S 6 | weiß | Emilie | blaue Ziergöhl | |
198? G 7 | weiß | Traumfänger | Untersee des Bodensee, Insel Reichenau | Teakdeck, Radsteuerung, Scheuerleiste, Aussteifung des Mastes oben mt Diamonds für den Topspinnaker, Foliensegel |
1984 G 8 | weiß | Meteor | Chiemsee, Atlantik, östliches Mittelmeer, Bodensee, Schlei/Norddeutschland | großes Binnenrigg, zahlreiche Regatten und Törns, 2. Eigner seit 2022 |
1990 SWE 10 | weiß | Ellen | Stockholmer Schären | moderne Kiel- Ruder Konfiguration, mahagonifurnierter Spiegel, 20 m Mast, wiegt ≈ 6 t |
Der S40 Jubilee ist ein Schiff für Segler, die zugunsten eines hübschen, wunderbar segelnden Bootes annähernd, wenn auch nicht volle Stehhöhe in Kauf nehmen. Der Anblick des Bootes und der Segelgenuß machen das wett. Deshalb wird der S40 Jubilee lange behalten.
Bootsdaten S40 Jubilee Standardausführung
Länge über Alles | 14,40 m |
Wasserlinie | 10,70 m |
Breite | 2,70 m |
Tiefgang | 2 m |
Gewicht | ≈ 5,3 – 5,5 t |
Ballast (blei) | 2,55 t |
Am Wind Besegelung (Groß und Fock) | 65 m2 |
Großsegel | 40 m2 |
Fock | 25 m2 |
Genua 1 | 40 m2 |
Genua 2 | 32 m2 |
Spinnaker | 97 m2 |
Segeltragzahl Groß & Genua (bezogen auf 5,3 t) | 4,5 |
Motor Empfehlung: Volvo Penta 15 PS (11,2 kW) mit Saildrive | |
Kajüthöhe im Niedergangsbereich | ≈ 1,80 m |
Zwei Kojen im Vorschiff und zwei der Achterkajüte. Zwei weitere Schlafgelegenheiten im Salon. Tanks für 70 l Frischwasser und 70 l Diesel. Das Boot wurde mit verschiedenen Kiel-/Ruderformen und Mastlängen gebaut.
Foto oben: S40 Ellen mit gekürzter Kielhinterkante neben einen S30 in einem schwedischen Winterlager – Ulf Torberger